Fake Color-TV

Etwas zur Geschichte des Farbfernsehens:
100 Prozent Fake Color-TV

Ich kann mich nicht mehr entsinnen, wo ich das „Arme-Leute-Farbfernsehen“ das erste Mal gesehen habe. Ich rede von einer durchsichtigen Folie, die im oberen Drittel blau war, in der Mitte orange/beige und im unteren Drittel grün. Die relativ starre, aber gleichzeitig etwas flexible Folie wurde auf die Bildgröße des eigenen Fernseher zugeschnitten, zumindest die Rundungen in den vier Ecken, und dann vor das Bild geklemmt. Fertig war das Farbfernsehen!

Physiologisch ist die Farbanordnung nicht ganz unbegründet. In einer älteren Ausgabe des TV-AMATEUR (Ausgabe 157, Kasten Seite 16) hatte ich über diverse Methoden, einen 3D-Bildeindruck zu erlangen, geschrieben. Tatsächlich ist es so, dass wir das Blau oben als fern empfinden. Anders als auf der Folie ging es physiologisch weiter. Grün würden wir mit „unseren Augen“ eher im Mittelfeld platzieren und rot drängte sich nach vorne. Unser Empfinden entspringt einem seit Kindesbeinen gelernten Eindruck. So hatten wir die Welt statistisch wahrgenommen: Der blaue Himmel ist fern, unterhalb des Horizonts haben wir die grüne Wälder und Wiesen und schließlich die bunten, hoffentlich roten Blumen ganz vorne, zum Pflücken nah.

Fast hätte die Folie also gestimmt, für texanische Landschaften zumindest. Nur was ist mit einer Reportage aus dem Studio? Der Herr oder die Dame haben blaue Haare, das Gesicht stimmt ungefähr farblich. Aber dann kommt plötzlich ein grünes Dekolleté oder ein immer wieder grünes Hemd? Spaß bei Seite. Für „only 3 $“ waren die „thrilling color“ zu bekommen und das Ganze in nur einer Minute installiert. Das Inserat des Anbieters „WONDER-VUE“ aus Montgomery in Oregon/USA sah ich beim Antique Wireless Museum in Bloomfield, NY. Eigentlich widmet das private Museum sich überwiegend der Radio-Geschichte und dem Amateurfunk. Offenbar machen sie jüngst einen Schwenk hin zur Television. Applaus!

Was ich mich frage – und vielleicht weiß jemand unter den Lesern eine Antwort: Wo könnte ich das erste Mal diese Farbfolie gesehen haben? Beruflich hatte ich Ende der sechziger bis Anfang der siebziger Jahre viel mit US-Armeeangehörigen in Deutschland zu tun und war auch gelegentlich bei ihnen zuhause. Andererseits hatte ich einen Kinderfreund, dessen Vater Trödler war. Der immer geringe Platz zwischen den vielen Radios, Fernsehapparaten und Hammond-Orgeln war in den Fünfzigern mein damaliger Spielplatz. Oder sah ich die Farbfolie als Kind auf Urlaubsreisen in irgendeinem Lokal? Wie dem auch sei:
Es war in den USA definitiv „Never-the-same-color“ Fernseh-Praxis parallel zum elektronischen Farbfernseh-Standard NTSC, der bereits 1954 eingeführt wurde.

Vy 73, Klaus Welter, dh6mav, aus Hofstetten-Hagenheim

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