Video live aus Bus-Modell

Modellbau-Video live

Der Modellbau befasst sich mit Video. Natürlich „a miniature“, dennoch technisch perfekt. Ein Bericht aus Zeiten des Teil-Lockdown vom März im Corona-Jahr 2020.
Von Klaus Welter, DH6MAV, Hofstetten-Hagenheim

Großversammlungen waren zum Zeitpunkt meines Besuchs in der Stadthalle Germering bei München untersagt. Aber die Modellbauer durften an jenem 7. März 2020 annehmen, in „überschaubarer“ Zahl unter sich zu bleiben. Und so präsentierten Hobby-Eisenbahner (Spuren Z bis G) ihre elektrisch oder mit Echtdampf betrieben Lieblingen. Einige „Automodellisten“ gesellten sich hinzu. Von deren Ausstellungsständen kam ich nicht so schnell wieder los. Von ihnen soll berichtet werden.

Die Automodelle, vom Cabriolet bis zum Truck mit Auflieger, sie alle waren im klassischen HO-Maßstab (1:87) vertreten. Bei eBay gäbe es sie „schon ab 3 Euro“, so hieß es. Der Witz war aber ihr Innenleben und das war selbstgefertigt! So hatten die Hobbyisten aus Germering nicht nur Elektroantriebe eingebaut, sondern auch eine magnetische Spurführung, einen Chip zur Fernsteuerung, Abstandsensoren vorn und hinten unter den Stoßstangen und alles Infrarot ferngesteuert, entweder durch Sender vom Straßenrand, in Ampeln untergebracht oder vom virtuellen Himmel, also von einem zentralen Sender mit mehreren Dioden über der Anlage schwebend. „Nicht zu vergessen der LiPo-Akku, sodass die Modellautos wirklich autark fahren“, wie einer der Modellbauer es mit Stolz hinzufügte.

Auf Nachfrage folgte die große Überraschung:
Jedesmal, wenn ich auf Modellbahner stoße, verneinen diese eine integrierte Videokamera-Lösung. Ja, da gäbe es schon mal Enthusiasten, die sich selbst was bauen. Von der „Stange“ gäbe es nichts. Nun, ich hatte vor Jahren – ziemlich plump, aber dennoch wirksam – für Videos aus meiner LGB-Gartenbahn (Maßstab 1:22 !) einfach vor die Lok einen flachen Güterwagen gespannt und darauf eine Handkamera gesetzt. Einmal eingeschaltet filmte sie die Fahrten durch die Blumenbete und an Füßen vorbei. Sehr lustig, aber nur nachträglich anzuschauen.

Die Modellbauer vom „DC-Car“-Club holten flux einen Reisebus hervor, setzten ihn in die Anlage und ließen in seine Runden drehen. Der stählerne Leitdraht war wenige Millimeter unter der gemalten Oberfläche. Die Magnetsteuerung führte den Bus. Aber – und nun kommt´s – auf einem Smartphone zeigte eines der Mitglieder einen Videofilm. Nein, kein Film! Tatsächlich Video!

Geboten wurde live und verzögerungsfrei der Blick vorn aus dem HO-Modell. Und so kurvte der Reiseomnibus durch die Stadt mit ihren Fachwerkgebäuden, an Kinderspielplätzen vorbei und er stoppte auch artig vor jeder roten Ampel, bis diese per Infrarot ihm bei Grün freie Fahrt erlaubte. Wie die Funkübertragen des Videosignals gelang?, fragte ich. Vielleicht im 2,4-GHz-ISM-Band? Die Frequenz stimme in etwa. Aber die Übertragung geschehe per WLAN unmittelbar, also ohne eine zwischengeschaltete Routersteuerung. „Funkelektronik und Kamera seien aus einer der heutzutage billig aus Fernost zu beziehenden Drohnen ausgebaut und nun hier eingesetzt.“

Ich muss feststellen: ein perfektes Bild. Ruckelfrei und auch sonst ohne störende Beeinflussung. Immerhin fuhren im Saal so einige Modellbahnen auf Gleisen, die unvermeidlich wie Antennen wirken. Offenbar sind die Schirmungen bzw. Filterungen der Modelle ausreichend gut. Oder/und es wird bezogen auf die Videokodierung- und -übertragung sogar mit Fehlerkorrektur gearbeitet.

Ich denke nicht, dass uns Funkamateuren diese WLAN-Videoanwendung ins Gehege kommen könnte. Das tut das übliche WLAN auch nicht. Oder? Die Sendeleistung ist bescheiden und die Kanalvoreinstellung lässt einen großen Abstand zum gängigen Amateurfunk einrichten, nämlich hin zum oberen Ende des ISM-Bandes. In jedem Fall ist festzustellen: Es wird nicht nur ein hoher Spielwert geboten, sondern es befassen sich diese Modellbauer in ungewöhnlichem Maße mit Elektronik, wenn ich an die filigrane Ausrüstung denke. Und die Modellbauer sind sich ihres Fachwissens bewusst, was sie, was sie betonen, gern mit anderen teilen. Dazu veranstalten sie sogar an zentralen Orten in Deutschland Workshops. Respekt!